Es staute sich vor dem Fahrstuhl im Sparkassenturm zwei. Irgendwie kam er nicht, der Aufzug. und die Leute unten erkannten: der Weg nach oben, er ist beschwerlich.
Alle Jahre wieder lädt der Stadtsportverband (SSV) mit der Stadt zur „Feierstunde des Sports“ über den Dächern von Gladbeck, um die Besten der Sportfamilie zu ehren. Doch schon während der Begrüßung des SSV-Vorsitzenden Hartmut Knappmann blitze auf, dass Sport heutzutage nciht einfach nur so gefeiert werden kann, ohne ein ernstes, politisches Wort zu verlieren. Über: Geld, Doping, Leistungsdruck. Knappmann redete übers Geld, das die Stadt nicht hat und zeigte sich „zuversichtlich, dass sinnvolle Sparpotenziale im Sport gefunden werden.“
Warum auch nicht, war der folgende Redner doch Bürgermeister Ulrich Roland (SPD). Und der will den Sport gar nicht „großartig antasten“: „Wir lassen uns von der Finanzlage nciht schocken!“
Das freute auch Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses des Dt. Bundestages und Vizepräsidentin des Dt. Leichtathletikverbandes. Weil Sport nicht nur rennen, sondern auch reflektiern bedeutet, lädt der SSV regelmäßig Referenten wie sie in den Turm.
„Stößt der Leistungssport an seine Grenzen?“, fragte Freitag in ihrem Vortrag und stocherte in all den Wunden des Spitzensports: Doping und eine verzerrte Leistungswahrnehmung; das entfesselte Lechtzen nach Rekorden, eben auch mit (fast) allen Mitteln. „Wir müssen uns auch über den sechsten oder siebten Platz freuen können“, rief sie. Und erntete Applaus.
Folgerichtig wurde an diesem Abend eine aganze Reihe Sportbegeisterte für „besondere Verdienste“ geehrt, also für etwas, was man nicht objektiv stoppen oder messen kann. Bei den Sportlern selbst waren es- bis auf die Keglerin Melina Kaspari- außschließlich die neun Wettkampfsportler vom Taekwondo und Karate, die die silbernen und bronzenen Plaketten (Gold holte keiner) abräumten. An Tisch 13 unterhielten sich derweil die mit Ehrenpreisen prämierten Nachwuchstalente Katharina Zanker (Leichtathletik, TV Gladbeck) und Jessica Steiger (Schwimmen, VfL/ SG Gladbeck) über ihr Trainingspensum. Sechsmal die Woche, achtmal morgens vor der Schule. „Spitzenleistung ist die Summe aus Talent und Training“, sagte Freitag. Und Bürgermeister Roland sagte: „2010 kann ein ganz tolles Jahr werden.“
Jessica Steiger will, soll und kann daran mitwirken. Deshalb schaffte sie es nicht zum Buffet. „Ich muß ins Bett, morgen ist noch ein Wettkampf“, erklärte die Schwimmerin. Sie verpasste eine große Fischplatte, Putenbrust und Rinderhüfte in Rotwein.
Womit bewiesen wäre, der Weg nach oben ist tatsächlich beschwerlich…
Quelle: WAZ, Jens Conrad